Experten leiten die Ausarbeitung nicht zum Selbstzweck und zur bloßen Zielerreichung, sie leiten an. Exekution unter Anleitung heißt, Strategie immer wieder zu erden und anzuwenden. Gemeinsame Arbeit ist Kern der Idee. Bei einem Gravitationsprojekt hängen keine Motivationsposter auf der Toilette, sondern es gibt Projekt Status-Quo in den Montagmorgen-Meetings, regelmäßige Video-Zusammenschnitte der letzten Wochen oder Rundgänge durch die Projektrräume für alle. Wandel muss zelebriert werden und sichtbar sein, vor allem, um den Hauptzweck des Projektes zu erfüllen: Motivierten Mitarbeitern einen Raum zu geben, deren Wünsche und Entwicklungen so zu kanalisieren, dass ein gemeinsamer Wandel und eine eigene Selbstfindung darin möglich werden — und allen anderen, die nicht Teil sind und sein wollten, permanent vor Augen zu führen, was möglich ist und wohin sich das Unternehmen bewegt.
Ziel ist, im Unternehmen ein Netzwerk der Wandler entstehen zu lassen.
Es folgt der Launch des Projektes: Also die Implementierung eines neuen Tools, die Eroberung eines neuen Geschäftsfeldes, das Live-Schalten eines neuen Services. Der Erwartungsdruck kanalisiert sich nun und kann entweder in Jubel oder Enttäuschung umschlagen. In einem Gravitationsprojekt ist beides erwünscht. Jubel würde bedeuten, dass das neue Produkt, der neue Service, gut im Markt angenommen wird, eventuell sogar schnell Umsätze generiert. In diesem Szenario kann das Projekt-Team sich neu finden und damit beginnen, mit den neu gelernten Skills und unter neuer kollaborativer Kultur operative Exzellenz aufzubauen. In diesem Fall entsteht weitere Anziehung durch Erfolg und Business-Relevanz des Projekts.
Scheitert das Projekt, wird es Häme von all denen geben, die nicht Teil des Projekts waren, weil sie es nicht sein wollten. Sie werden sagen, dass sie es gleich gewusst haben. Und das ist gut so. Abgrenzung ist Teil des Prozesses und Scheitern mit Schadenfreude zu begegnen genau die Kultur, die man nicht mehr gebrauchen kann. Es ist Aufgabe des Managements, dieses moralische Gefälle zu kommentieren und zu kritisieren. In diesem Fall entsteht Gravitation allein durch den neu gewonnenen Erfahrungsschatz, die gemeinsame Zeit miteinander und die Abgrenzung. Experimente erhöhen das Selbstbewusstsein und generieren andere, bessere Fragen als die, die sich stellen lassen, bevor man etwas ausprobiert.
Transformation in Phasenmodellen suggerieren Sicherheit, weil sie planbar wirken. Aber sie versuchen auf die gleiche Art und Weise das Problem zu lösen, dessen Ursache sie sind. Transformation ist nicht, ein Ziel oben zu erarbeiten, um es dann in überschaubaren Portionen unten abarbeiten zu lassen. Die Auslagerung von Innovation in Labs und Hubs galt als gute Idee, nur gebracht hat sie den wenigsten Unternehmen etwas. Nicht, dass ein Lab keinen Sinn erfüllt. Nur kann der nicht sein, das Unternehmen zu verändern. Labs scheitern nicht, weil sie nicht auf gute Ideen kommen, sondern weil sie diese Ideen nicht mehr zurück ins eigentliche Unternehmen bekommen. Ein Wandel des Unternehmens wird hier nicht erzeugt, sondern durch Innovationsdemonstration ersetzt. Bei einem Gravitationsprojekt kommt die Energie aus dem Unternehmen selbst und ist immer ein Gewinn, egal ob das Projekt betriebswirtschaftlich erfolgreich ist oder nicht. Ein Gravitationsprojekt setzt Kräfte frei und Mitarbeiter in Bewegung, ein Vorgang, der, einmal begonnen, kaum wieder zu stoppen ist, wohl aber einfacher zu lenken. Ein Gravitationsprojekt lässt sich beliebig oft neu aufsetzen. Im Zweifel so lange, bis die Trägheit des Unternehmens überwunden ist und es sich auf einer erfolgsversprechenderen Umlaufbahn befindet.